Mittwoch, 19. Dezember 2018

Rezension: Hans Falladas Weihnachtsmann - was nun?



Inhalt

In diesem Band wurden die schönsten Erzählungen und Kindheitserinnerungen rund um Weihnachten und einige Weihnachtsbriefe an die Familie von Hans Fallada gesammelt. Darin erzählt er vom Geruch von Kerzen und Tannenzweigen, von Tellern voller Süßigkeiten, verkehrten Geschenken, krummen Tannenbäumen, Geldsorgen angesichts der vielen Ausgaben zum Fest, Weihnachtsliedern, Familientreffen, allgemein von dem Zauber des Weihnachtsfest, dem sich schlichtweg niemand entziehen kann.

Meinung

Ich habe dieses Buch vor kurzem geschenkt bekommen und musste es direkt lesen, stellt es doch eine wirklich tolle Möglichkeit dar, mit einem meiner Lieblingsautoren Weihnachten einzuläuten. Dies geschah auch direkt mit der ersten Geschichte, die von Falladas Kindheitserinnerungen an Weihnachten erzählte. 
„Und dann das Erwachen am nächsten Morgen. Dies Gefühl, aufzuwachen und zu wissen: Heute ist wirklich Weihnachten. Wovon wir seit einem Vierteljahr geredet, auf was wir so lange schon gehofft hatten, nun war es wirklich da!“ S. 34/35 
Die kindliche Vorfreude und Ungeduld, die Sorge, dass der Vater aus Sparsamkeit keinen Tannenbaum mehr bekommt, das gemeinsame Singen und Essen, die lang ersehnte Bescherung, die verkehrten Geschenke, die vielen Süßigkeiten, man schwelgt sofort wieder in eigenen Kindheitserinnerungen, als Weihnachten noch sehnsüchtig herbeigewünscht wurde. Danach geht es annähernd chronologisch weiter. Man kann eine Kopie des Wunschzettels des 9-jährigen Fallada versuchen zu entziffern, verschiedene Weihnachtsbriefe an die Familie über die Jahre lesen, die auch Einblick in das Familienleben Falladas geben, in einzelnen Erzählungen rund um Weihnachten versinken, die zum Teil aus Romanen – zum Beispiel aus „Kleiner Mann – was nun? – entnommen und von für Fallada typischen lebensnahen und einfühlsam gezeichneten Figuren bevölkert sind, bis hin zum letzten Brief an seine erste Frau Suse wenige Wochen vor Falladas Tod, der ein sehr einsames letztes Weihnachtsfest Falladas zeichnet.
Neben den Erinnerungen an viele Weihnachtstraditionen, die sich auch bis heute nicht groß geändert haben und in denen man sich sehr schnell wieder findet und an die man melancholisch zurückdenkt, bietet dieser Band auch einen spannenden Blick auf Falladas Leben und seine Zeit, da die meisten Erzählungen autobiografisch geprägt sind. Viele Lebensabschnitte Falladas werden angeschnitten, die Feiern in der Familie, die Zeit vor dem großen Durchbruch als Schriftsteller, in der jeder Groschen umgedreht werden musste, die Feiern mit der eigenen Familie, als sich der Erfolg als Schriftsteller eingestellt hatte, die Lebensmittelrationierungen während des Zweiten Weltkriegs, die Abfassungen der letzten Werke vor Falladas plötzlichem Tod. Sie zeigen uns eine andere Zeit, die der Not und des Sparens, in der aber auch die Weihnachtszeit eine Zeit der Besinnlichkeit und Ruhe war, ohne die heutige Kommerzialisierung, die dem Weihnachtsfest viel von seiner besinnlichen Atmosphäre genommen hat.
Wenige Abbildungen von Familienfesten unterstützen noch die Texte, außerdem gibt es im Anhang eine kurze biografische Notiz zu Fallada und eine Übersicht, wann und wo die einzelnen Texte erschienen sind oder welchem Werk diese entnommen wurden.

Fazit

Während der Lektüre freut man sich direkt auf das eigene Weihnachtsfest, so sehr versinkt man in den einzelnen Geschichten und teilt man die Freude, aber auch das Leid der liebenswerten Figuren. Man fühlt sich in die eigene Kindheit zurückversetzt, als Weihnachten noch etwas Magisches an sich hatte, und sieht gleichzeitig die Unterschiede zwischen Falladas Zeit und unserer heute, die auch Weihnachten vor allem zu einem großen Kommerz gemacht hat. Falladas Geschichten wirken ursprünglicher und dadurch bezaubernd und sind super dafür geeignet, Weihnachten einzuläuten und über den Wandel, den das Fest genommen hat, eingehend nachzudenken.
„Ein wesentlicher Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen ist der, dass die Großen ungefähr wissen, was sie vom Leben zu erwarten haben, die Kinder aber erhoffen noch das Unmögliche. Und manchmal behalten sie damit sogar recht.“ S. 45

4 von 5 Punkten


Buchinfos:
Taschenbuch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-7466-3241-4
Erschienen am: 19. September 2016
Preis: 8,99 €

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen