Sonntag, 25. März 2018

Filmbewertung: The Casual Vacancy

Joanne K. Rowlings erster Roman für Erwachsene „The Casual Vacancy“ (deutsch: Ein plötzlicher Todesfall) wurde von der BBC und HBO in einer dreiteiligen Miniserie verfilmt, die auch auf Deutsch bei Sky lief. Sie spielt im kleinen, beschaulichen englischen Städtchen Pagford, hinter dessen idyllischer Fassade jedoch zahlreiche Konflikte lodern: Kinder gegen ihre Eltern, Arme gegen Reiche, Lehrer gegen Schüler, Ehefrauen gegen ihre Ehemänner. Dann stirbt ganz überraschend das Gemeinderatsmitglied Barry Fairbrother (Rory Kinnear), um dessen Sitz im Rat und seine Arbeit für benachteiligte Menschen in der Gemeinde ein großer Kampf entsteht. Barrys Gegner Howard Mollison (Michael Gambon), der Inhaber eines Feinkostladens, will seinen Sohn Miles (Rufus Jones) als Ratsmitglied wählen lassen, während Barrys Unterstützer Tessa Wall (Monica Dolan), eine Lehrerin, und Parminder Jawanda (Lolita Chakrabarti), ihrerseits Ärztin, mit Tessas Mann Colin (Simon McBurney) Barrys Arbeit weiterführen wollen…

Ich hatte die Buchvorlage direkt beim Erscheinen im Jahr 2012 gelesen, kann mich also nicht mehr an alle Einzelheiten genau erinnern, doch wenn man die Verfilmung mit dem Roman vergleicht, fällt schon die recht getreue Wiedergabe des Buchinhalts auf. Der Grundkonflikt wurde ein wenig abgeändert, statt der Überlegungen, das heruntergekommene Gebiet „The Fields“ mit vielen drogenabhängigen Bewohnern der nächst größeren Stadt Yarvil anzugliedern, geht es in der Serie darum, ob das Gemeindezentrum mit seiner Methadonklinik geschlossen werden und das Landhaus, das diese beherbergt, in ein Spa umgebaut werden soll. Dies ändert jedoch nichts Entscheidendes an der Hauptthematik im Vergleich zum Buch, da immer noch Barrys Hilfe für Drogenabhängige und benachteiligte Personen im Zentrum stehen. Besonders setzt er sich für die drogenabhängige Terry Weedon ein, die mit ihrer Tochter Krystal und ihrem kleinen Sohn Robbie in den Fields lebt und die anders als im Buch mit Barry aufgewachsen ist. Im Buch kennt er die Familie über Krystal, die er ins Ruderteam der Schule holt, das er trainiert. Deren Geschichte wurde im Vergleich zum Roman noch am stärksten geändert, insbesondere ihr Ende und das ihres Bruders, worauf ich aber lieber nicht näher eingehe, für die, die die Verfilmung noch sehen wollen. Ansonsten fehlen ein paar Nebencharaktere, die allerdings für die Handlung nicht besonders entscheidend sind, so dass diese Änderung nicht weiter ins Gewicht fällt. Bloß das seltene Auftauchen des Mädchens Sukhvinder (Tochter von Parminder), die im Buch eine wichtige Rolle spielt, empfand ich als ein wenig schade. Sie ist zwar oft mit Kopfhörern schweigend zu sehen, während sie wichtige Ereignisse im Ort beobachtet, und sie äußert sich am Ende in einem wichtigen Statement zu Robbie, doch ihrer wichtigen Rolle im Roman wird man damit nicht gerecht. Insgesamt ist der Film im Vergleich zur Buchvorlage vor allem hoffnungsvoller und weniger bitter, dies fällt als wichtige Änderung auf. Die Charaktere sind einem größeren Wandel unterzogen, verändern sich und lernen stärker aus den Erlebnissen, als dies im Buch der Fall war, was dafür realistischer wirkte als die Verfilmung, die am Ende ein wenig an Schärfe verliert.
Generell wurde das Buch aber sehr gut filmisch umgesetzt. Seine Gesellschaftskritik wird sehr überzeugend herausgearbeitet, insbesondere durch Terrys und Krystals Geschichte, und sein herrlicher britischer, herber Humor kommt deutlich zur Geltung, wenn ihm auch das zu positive Ende ein wenig an Schärfe nimmt. Zusätzlich wurden wirklich tolle, passende Locations für Pagford gewählt, das wie die typische englische Kleinstadt anmutet und den im Buch dargestellten Kontrast zwischen von außen betrachtet idyllischer Kleinstadt und von innen betrachtet unzähliger Konflikte auch bildlich untermauert. Außerdem überzeugen die Schauspieler insgesamt, wobei mich vor allem die Krystal-Darstellerin Abigail Lawrie und Michelle Austin als die Sozialarbeiterin der Weedons berührten, auch Rory Kinnear als Barry in vielen Rückblenden gewinnt man schnell lieb und Michael Gambon als Howard Mollison war auch sehr passend besetzt, den man ja bereits als Dumbledore aus den Harry Potter-Filmen kennt.

Fazit

Somit ist den Machern eine rundum überzeugende Miniserie zu Rowlings Buch gelungen, die vor allem von ihrer fesselnden Handlung und ihrer bezaubernden Kulisse lebt. Dem Buch wurde in weiten Teilen sehr genau gefolgt, einige Handlungsstränge wirkten vielleicht ein wenig abgehakt und hätten weiter ausgeführt werden können, doch das Wesentliche der Handlung wurde filmisch gut umgesetzt, ohne bloß den Roman zu kopieren. Somit braucht sich diese Verfilmung hinter der sehr guten Buchvorlage nicht zu verstecken und kann bedenkenlos aufs wärmste weiterempfohlen werden. Man tut sich wirklich schwer damit, nach den drei Stunden Pagford wieder zu verlassen, so sehr ist man in dieses oberflächlich betrachtet idyllische Städtchen eingetaucht. 

4,5 von 5 Punkten

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